In seiner gross angekündigten Rede am selbsternannten „Tag der Befreiung“ vom 2. April hat US-Präsident Donald Trump die Einführung reziproker Zölle sowie eines weltweit geltenden Mindestzolls von 10 % bekannt gegeben. Dieser Mindestzoll kommt zusätzlich zu bereits bestehenden Zöllen hinzu und trat bereits am 5. April in Kraft. Für viele bedeutende Handelspartner wurden jedoch deutlich höhere Zölle festgelegt, die unter scheinbarer Berücksichtigung der jeweiligen Handelsbilanz willkürlich berechnet wurden und ab dem 9. April zur Anwendung kommen.
So gilt für die Schweiz aufgrund ihres aus Sicht der USA hohen Handelsbilanzüberschusses ein Strafzoll von 31 % auf Exporte in die Vereinigten Staaten. Für Länder der Europäischen Union wurde ein Zollsatz von 20 % angesetzt. Die Schweiz wird somit faktisch dafür bestraft, dass sie Waren im Wert von rund 39 Milliarden Schweizer Franken mehr in die USA exportiert als sie von dort importiert – ein Überschuss, der in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Ein Grossteil dieser Exporte entfällt auf die Pharmabranche, die laut späteren Aussagen Trumps ebenfalls von den neuen Zöllen betroffen sein wird.
Einige Staaten haben bereits auf die US-Massnahmen reagiert. China wird ab dem 10. April Gegenzölle in Höhe von 34 % auf US-Waren erheben. Frankreich sowie weitere Länder haben ihre Unternehmen dazu aufgefordert, Investitionen in den USA vorerst auszusetzen. Die Schweiz hingegen verfolgt bislang einen abwartenden Kurs und strebt eine rasche Aufnahme von Verhandlungen an.
Auch Unternehmen zeigen erste Reaktionen: So hat etwa Volkswagen die Auslieferung von Fahrzeugen in die USA vorübergehend gestoppt, während andere Hersteller ihre Verkaufspreise auf dem US-Markt bereits angepasst haben.
Was will Trump erreichen?
Trump verfolgt mit seinen protektionistischen Massnahmen das Ziel, ausländische Unternehmen, die in die USA exportieren, dazu zu bewegen, direkt in den Vereinigten Staaten zu investieren und dort Produktionsstandorte aufzubauen. Auf diese Weise möchte er neue Arbeitsplätze schaffen und das derzeitige Handelsbilanzdefizit von rund 1,2 Billionen US-Dollar reduzieren. Um dieses Vorhaben zu unterstützen, spricht er sich nicht nur für Strafzölle aus, sondern auch für niedrigere Zinsen, um einerseits die Wirtschaft anzukurbeln und andererseits attraktivere Finanzierungsbedingungen zu schaffen. Zusätzlich sollen die Einnahmen aus den Zöllen genutzt werden, um Steuererleichterungen zu ermöglichen.
Wie reagierten die Märkte?
Die wachsende Unsicherheit über einen möglichen grossflächigen Handelskrieg hat die Börsen weltweit massiv unter Druck gesetzt. So büssten die wichtigsten Indizes in den USA und Europa in den Tagen nach Trumps Ankündigung über 10 % ein. Auch der Swiss Performance Index gab seine Gewinne seit Jahresbeginn wieder preis und verlor zweistellig.
Die deutlich gestiegene Rezessionsgefahr setzte auch die Rohstoffmärkte unter Druck. Während sich die Verluste beim als sicherer Hafen geltenden Gold in Grenzen hielten, kam es bei Industriemetallen wie Kupfer zu spürbaren Preisrückgängen. Ebenso gerieten auch die Energiepreise unter Druck – allen voran der Erdölpreis.
Hingegen aufwärts ging es bei den Obligationenpreisen. Die Rezessionsgefahr und die damit verbundene Erwartung von tieferen Zinsen liess die Renditen von Anleihen sinken. So handelte eine zweijährige Schweizer Staatsanleihe kurzzeitig bereits wieder mit einer negativen Rendite.
Weiter wertete sich der als Fluchtwährung bekannte Schweizer Franken vor allem gegenüber dem US-Dollar und den rohstoffabhängigen Währungen wie dem Australischen Dollar oder der Norwegischen Krone deutlich auf. Auch gegenüber dem Euro zeigte sich die hiesige Valuta stark.
Als Reaktion auf die Marktturbulenzen forderte US-Präsident Trump die amerikanische Notenbank Fed auf, die Zinsen sofort – und nicht erst in einigen Monaten – zu senken. Fed-Chef Jerome Powell zeigte sich davon unbeeindruckt und erklärte lediglich, dass die Risiken einer Rezession sowie eines Inflationsanstiegs durch die neuen Zollmassnahmen weiter zugenommen hätten.
Abb. 1: Kursverluste ausgewählter Anlagen und Indizes vom 3. bis 7. April 2025 (in CHF)
Gibt es Parallelen zu vergangenen Börsenschocks?
Ein Blick auf die jüngere Börsengeschichte zeigt, dass einige Ereignisse mit der aktuellen Situation durchaus vergleichbar sind. So auch der Ausbruch der Coronapandemie im Jahr 2020 sowie die Aufhebung der Euro-Mindestkursuntergrenze im Januar 2015. Letzteres wirkte sich vor allem auf den Schweizer Aktienmarkt aus, da die plötzliche und starke Aufwertung des Frankens die Preise für Schweizer Exportgüter im Ausland schlagartig verteuerte. Gegenüber dem Euro legte der Franken am Tag der Aufhebung rund 15 % zu – was einem Strafzoll in ähnlicher Grössenordnung entspricht.
Beide Ereignisse zeigen, dass sich die Finanzmärkte nach einem Schock oft rasch erholen können (Abb. 2). Auch die Unternehmen bewiesen in beiden Krisen ihre Fähigkeit, sich schnell an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Sowohl 2015 als auch 2020 befürchtete man zunächst einen schweren Einbruch der Wirtschaft. Dank gezielter Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank und der hohen Anpassungsfähigkeit der Unternehmen konnte dieser weitgehend abgefedert werden. 2015 verzeichnete die Schweizer Wirtschaft ein Wachstum von 1,6 %. Im Krisenjahr 2020 fiel das BIP zwar um 2,1 %, stieg jedoch im Folgejahr um bemerkenswerte 5,6 %.
Abb. 2: Kursentwicklung Swiss Performance Index (SPI) seit 2010
Wie geht es nun weiter?
Solange sich Donald Trump nicht kompromissbereit zeigt, wird die Unsicherheit und somit die Volatilität an den Märkten hoch bleiben. Eine weitere Eskalation mit grossflächigen Gegenzöllen seiner wichtigsten Handelspartner ist nicht ausgeschlossen. Doch der Druck auf Trump und der Unmut in der US-Bevölkerung steigt von Tag zu Tag.
Doch nicht nur der Präsident steht unter Zugzwang – auch die Währungshüter geraten zunehmend unter Druck. Die Preisstabilität ist gefährdet, und die konjunkturellen Aussichten haben sich deutlich eingetrübt. Entsprechend wäre zumindest eine verbale Intervention seitens der Notenbanken zu erwarten – ein Signal, das den Märkten durchaus guttun würde.
Auch wenn es aktuell nicht den Anschein macht, als liesse sich Donald Trump leicht von seinem Kurs abbringen, gehen wir davon aus, dass er in den kommenden Wochen zumindest zu kleineren Zugeständnissen bereit sein wird. Positive Verhandlungsresultate würden entsprechend auch den Börsen wieder etwas Stabilität verleihen.
Und sollten die Zölle langanhaltender Natur sein, werden sich die Unternehmen darauf einstellen und ihre Handelsbeziehungen mit US-Unternehmen überdenken. Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass grössere Investitionen in den USA getätigt werden. Einerseits will man den politischen Akteuren Zeit geben, um am Verhandlungstisch Lösungen zu erzielen. Andererseits lassen sich grössere Projekte – etwa der Aufbau neuer Produktionsstandorte – nicht kurzfristig realisieren. Zudem stellt sich die Frage, wer bereit ist, das Risiko einzugehen, in einem Umfeld zu investieren, dessen handelspolitische Richtung sich spätestens mit dem Ende einer zweiten Amtszeit Trumps erneut grundlegend ändern könnte.
Wie sind wir positioniert?
Wir haben keine Veränderungen in unseren Portfolios vorgenommen. Mit dem Untergewicht in US-amerikanischen Aktien und einem geringen Fremdwährungsanteil sehen wir uns im aktuellen Umfeld gut aufgestellt. Zusätzlich verleihen weniger korrelierte Anlagen wie Gold, Schweizer Wohnimmobilien und weitere festverzinsliche Anlagen (Mikrofinanz- und versicherungsbasierte Anleihen) unseren Portfolios zusätzliche Stabilität.
Erfahrungen aus früheren Krisen haben gezeigt, wie entscheidend es ist, Ruhe zu bewahren und sich nicht von kurzfristigen Emotionen leiten zu lassen. In solchen Phasen ist es besonders wichtig, konsequent an der gemeinsam definierten Anlagestrategie festzuhalten. Marktkorrekturen gehören zu jedem Börsenzyklus dazu. In der Vergangenheit hat sich oft gezeigt, dass sich gerade dann attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten, wenn die Stimmung an den Märkten ihren Tiefpunkt erreicht hat. Wer hingegen überstürzt verkauft, läuft Gefahr, den richtigen Moment für den Wiedereinstieg zu verpassen.
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