Finanzmärkte im Fokus 2. Quartal 2024

3. Juli 2024

Ein Rekord jagt den nächsten

Der Start ins zweite Quartal verlief alles andere als optimal. Hartnäckig erhöhte Inflationsraten in den USA sowie ein sich abschwächendes US-Wirtschaftswachstum liessen erhebliche Zweifel über ein sanftes Landen der Wirtschaft aufkommen. Vor allem die Inflationssorgen liessen die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen verpuffen, und die Renditen von US-Staatsanleihen stiegen in der Folge auf neue Jahreshöchststände. Einige Ökonomen nahmen bereits das Wort «Stagflation» in den Mund. Das Kurzwort aus den Begriffen «Stagnation» und «Inflation» bezeichnet eine Phase, in der die Wirtschaft nicht wächst und gleichzeitig eine erhöhte Inflation herrscht. Ein solches wirtschaftliches Phänomen ist bekanntlich schwierig zu bekämpfen und führt oft zu einer Rezession.

Doch einmal mehr zeigte sich der Aktienmarkt sehr robust und liess sich von solchen Sorgen nur kurzfristig beeinflussen. Angetrieben von soliden Quartalsabschlüssen, milliardenschweren Aktienrückkäufen sowie Fantasien im Bereich der künstlichen Intelligenz stiegen die US-Aktienindizes in noch nie dagewesene Sphären auf. Der auf 30 Blue-Chips limitierte Dow Jones Index überstieg im Mai erstmals die Marke von 40'000 Punkten. Doch auch die breiter gefassten Indizes, allen voran der mit Technologieaktien bestückte Nasdaq Index, erreichten neue Allzeithöchststände. Erneut besonders hervorzuheben gilt es das Unternehmen Nvidia. Der Hersteller von Grafikprozessoren und Chipsätzen avancierte dank des KI-Booms kurzzeitig zum wertvollsten börsennotierten Konzern weltweit. Mit einer zwischenzeitlichen Marktkapitalisierung von 3,34 Billionen US-Dollar verdrängte Nvidia die Technologieriesen Microsoft und Apple auf die Ehrenplätze. Mit dem im Juni vollzogenen Aktiensplitt von 1 zu 10 wahrte sich Nvidia zudem die Chance, in den renommierten Preisindex Dow Jones aufgenommen zu werden.

Nach dem verhaltenen Start ins aktuelle Jahr haben auch die hiesigen Aktien wieder an Schwung gewonnen. Mit dem Rückenwind der Schweizerischen Nationalbank, die im Juni bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr die Zinsen um 0,25 % senkte, und des sich folglich abschwächenden Schweizer Frankens stieg der Swiss Performance Index (SPI) in die Nähe seines Höchststandes vom Januar 2022. Während die positive Entwicklung in den letzten Monaten vor allem von Indexschwergewichten wie Novartis oder Roche geprägt war, bekundete das unter der konjunkturellen Unsicherheit leidende Segment der Small- und Midcaps weiterhin Mühe.

Nicht nur die Aktienmärkte befanden sich auf Rekordjagd. Auch der Goldpreis setzte seine Rallye fort und erreichte mit 2'450 US-Dollar pro Unze eine historische Bestmarke. Dabei dürfte das gelbe Edelmetall primär von weiteren Zentralbankkäufen, wie jenen von China, profitiert haben. Doch auch die anhaltenden geopolitischen Spannungen sorgten dafür, dass das Anlegerinteresse nach Gold rege blieb.

Geopolitische und politische Gefahren nehmen zu

Neben dem immer noch andauernden Konflikt in der Ukraine haben sich die geopolitischen Gefahren mit dem Angriff Irans auf Israel von Mitte April und dem darauffolgenden israelischen Vergeltungsschlag weiter verschärft. Glücklicherweise blieb uns eine grössere Eskalation im Nahen Osten bislang erspart. Entsprechend erleichtert reagierten auch die Finanzmärkte, in denen dieser Konflikt bisher kaum Spuren hinterliess. Doch weitere Gefahren drohen nicht nur bei geopolitischen Themen, wie die Annäherung Russlands an Nordkorea, sondern auch in gesellschaftspolitischen Bereichen.

Das Ergebnis der Europawahlen von Anfang Juni sowie die darauffolgende Ankündigung von Neuwahlen in Frankreich ging nicht spurlos an den Märkten vorüber. Die weiteren Zugewinne der Rechtsparteien und die wieder aufflammende Schuldenproblematik in einigen Ländern schürten Ängste vor einer erneuten Euro-Krise, wie wir sie bereits in den Jahren 2011 und 2012 erlebt hatten. Der europäische Aktienindex Euro Stoxx 50 verlor in der Woche nach den Wahlen rund 4 %. In Frankreich verzeichnete der CAC 40 Index einen Kursrückgang von mehr als 6 %. Aus der Sicht von Schweizer Anlegern fielen die Verluste aufgrund des fallenden Eurokurses noch ausgeprägter aus. Die europäische Einheitswährung schwächte sich in den Tagen nach der Europawahl gegenüber dem Franken um knapp 2 % ab.

Auch an den Anleihenmärkten waren die Auswirkungen der politischen Ereignisse in Europa sichtbar. So vergrösserte sich beispielsweise die Renditedifferenz von 10-jährigen französischen gegenüber deutschen Staatsanleihen von 0,5 auf 0,8 % (Abb. 1). Das heisst, Investoren werden beim Halten einer französischen Staatsanleihe aktuell mit einer um 0,8 % höheren Rendite für die damit verbundenen Risiken entschädigt.

Abb. 1: Renditedifferenz von 10-jährigen französischen Staatsanleihen gegenüber deutschen Staatsanleihen in % seit Anfang 2010

 

Ausblick und Portfoliopositionierung

Neben politischen und geopolitischen Themen wird auch der weitere Verlauf der Inflation sowie die Geldpolitik der Notenbanken im Fokus stehen. Während in der Eurozone und der Schweiz die Zentralbanken ihren Zinssenkungspfad bereits begonnen haben, konnten die US-Währungshüter aufgrund der hartnäckig hoch bleibenden Teuerung in diesem Jahr noch keinen Zinsschritt vornehmen. Wir gehen davon aus, dass sich die Inflation in den USA weiterhin nur zögerlich abschwächen wird. Entsprechend dürfte es seitens der US-Notenbank kaum mehr als die an der letzten Fed-Sitzung für das laufende Jahr in Aussicht gestellte Zinssenkung von 25 Basispunkten geben.

Aufgrund unserer konservativen Zinsprognose für die USA und der wieder aufflammenden Schuldenproblematik in der Eurozone bleiben wir in traditionellen Anleihen nach wie vor klar untergewichtet. Zudem fokussieren wir uns in dieser Anlageklasse auf Unternehmensanleihen mit guter Bonität (Investment Grade) und meiden Staatsanleihen sowie auch hochverzinsliche Obligationen. Alternativ investieren wir seit geraumer Zeit auch in weniger zinssensitive Instrumente wie Mikrofinanzanlagen oder versicherungsbasierte Anleihen.

Im Aktienbereich haben wir in den USA während des Quartals weitere Gewinne realisiert und unser Untergewicht verstärkt. Das weiterhin hohe Zinsniveau, die teils überteuerten Bewertungen sowie die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen könnten in den nächsten Monaten wieder für erhöhte Volatilität an den US-Börsen sorgen. Dabei ist das Korrekturpotenzial gerade bei den grossen Technologiekonzernen deutlich gestiegen. Wir favorisieren demgegenüber europäische Aktien sowie den defensiven Schweizer Aktienmarkt.

Aufgrund des sinkenden Zinsumfelds in der Schweiz hat auch die Attraktivität von Immobilienanlagen wieder zugenommen. Nach der zweimaligen Erhöhung des Referenzzinssatzes im letzten Jahr und den damit einhergehenden Mietzinserhöhungen werden die Immobilienfonds nun auch von tieferen Hypothekarzinsen profitieren können. Entsprechend sind die Agios (Aufpreise gegenüber dem Nettoinventarwert) der kotierten Schweizer Immobiliengefässe bereits wieder auf über 20 % angestiegen. In unseren Portfolios halten wir überwiegend nicht kotierte Immobilienfonds, deren Agio deutlich weniger ausgeprägt ist und tieferen Schwankungen unterliegt.

Abb. 2: Wertveränderungen 01.01.2024 - 30.06.2024

Christoph Stuber, CIO

Verfasst von

Christoph Stuber Leiter Portfoliomanagement CIO +41 31 320 51 20 E-Mail
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