Finanzmärkte im Fokus 3. Quartal 2024
07.10.2024
Lesedauer: 3:50
Berg- und Talfahrt
Die Volatilität hat sich im überaus ereignisreichen dritten Quartal an den Finanzmärkten eindrücklich zurückgemeldet. Zu Quartalsbeginn deutete jedoch noch wenig auf einen von Schwankungen geprägten Verlauf hin. Im Juli setzten die Börsen ihren Höhenflug fort und markierten vielerorts neue Jahreshöchststände. So auch in den USA, wo der Rückzug von Joe Biden aus dem Präsidentschaftsrennen keine grösseren Spuren hinterliess.
Doch dann ging es Schlag auf Schlag. Ausgelöst durch die zweite Zinserhöhung der japanischen Notenbank in diesem Jahr sowie dem Bekenntnis, dass weitere Zinsanpassungen folgen könnten, wertete sich der japanische Yen kontinuierlich auf und hinterliess erste Risse im bislang stabilen Fundament der Finanzmärkte. Nachdem Anfang August auch der monatliche Arbeitsmarktbericht in den USA unerwartet schwach ausfiel, schwächte sich der US-Dollar weiter ab. Und zuletzt sorgte auch die Zunahme der Spannungen im Nahen Osten dafür, dass sich die Anleger in vermeintlich sichereren Häfen positionierten. All diese Ereignisse sorgten dafür, dass sich der Yen gegenüber dem US-Dollar innert weniger Tage um mehr als 10 % aufwertete.
Diese Aufwertung sorgte bei den sogenannten Carry-Trade-Investoren für kalte Füsse. Seit Jahrzehnten verschulden sich Anleger in der von tiefen Zinsen geprägten japanischen Währung und investieren das Kapital in Wertpapiere von höher verzinsten Währungen wie dem US-Dollar oder auch dem australischen Dollar. Solange in Japan die Zinsen tief und die Währung stabil blieb, funktionierte dies wunderbar. Nun führten jedoch die oben erwähnten Ereignisse dazu, dass diese Carry Trades zuhauf innert kürzester Zeit geschlossen werden mussten. In der Folge kollabierte der japanische Aktienmarkt Anfang August vollends und verlor allein an einem Handelstag 12 % an Wert. Dieser Flashcrash in Japan liess auch die Börsen rund um den Globus weiter einbrechen. Die Gewinne seit Jahresbeginn schmolzen regelrecht dahin.
Erst das Bekenntnis der japanischen Währungshüter, die Zinsen nicht weiter zu erhöhen solange die Finanzmärkte instabil sind, sorgte für eine sichtliche Beruhigung. Der japanische Yen schwächte sich rasch wieder ab und die Aktienmärkte erholten sich auf eindrückliche Art und Weise. Bereits Ende August waren die massiven Kurseinbussen wieder ausgebügelt. Für Anleger, die ihr Wertschriftenportfolio mittels Monatsauszug anschauen, waren diese kurzfristigen Turbulenzen somit gar nicht sichtbar. Immerhin handelte es sich, gemessen am US-Volatilitätsindex der Chicago Board Options Exchange (CBOE), um die höchsten Kursschwankungen seit dem Beginn der Coronapandemie (Abb. 1).
Abb. 1: Entwicklung CBOE-Volatilitätsindex seit Anfang 2020
Erste Leitzinssenkung in den USA
In der Folge kehrte wieder etwas Ruhe an den Märkten ein. Weiter sinkende Inflationsraten in Europa und den USA sorgten dafür, dass die Leitzinssenkungen der Notenbanken wieder vermehrt in den Fokus rückten. Aktuell bewegen sich die Teuerungsraten nur noch leicht über der von den Währungshütern angestrebten oberen Bandbreite von 2 %.
Die Europäische Zentralbank senkte im September die Zinsen um weitere 0,25 %, nachdem sie bereits im Juni ein erstes Mal die Zinsen nach unten angepasst hatte. In den USA, wo sich die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bislang weigerte, die Zinszügel zu lockern, freuten sich die Anleger zum Quartalsende über einen doppelten Zinsschritt (0,50 %). Angesichts des sich abschwächenden Arbeitsmarktes sowie der bereits erwähnten rückläufigen Preissteigerungen senkte die Fed den Leitzins erstmals seit Beginn der Coronapandemie und stellte zudem weitere Zinssenkungen in diesem Jahr in Aussicht. In der Schweiz reduzierte in diesem Jahr die hiesige Notenbank im September den Leitzins bereits zum dritten Mal um 0,25 %.
Neben Aktien und Obligationen profitierten auch weitere Anlagekategorien wie Immobilien oder Gold vom sinkenden Zinsumfeld. Vor allem das gelbe Edelmetall, das zusätzlich Rückenwind von den zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten sowie dem schwächelnden US-Dollar geniesst, markierte laufend neue Allzeithöchststände. Zum Quartalsende kostete eine Unze Gold mit rund 2'640 US-Dollar fast 28 % mehr als noch zum Jahresbeginn.
Ausblick und Portfoliopositionierung
Die Sorglosigkeit der Aktienmärkte scheint nach der Achterbahnfahrt zurückgekehrt zu sein. Die Aussicht auf weitere Zinssenkungen in diesem und im nächsten Jahr werden den Börsen auch weiterhin etwas Rückenwind verleihen. Zudem scheint die Teuerung in den grössten Wirtschaftsregionen besiegt und auch die Energiepreise wirken derzeit eher deflationär als inflationär. Und zu guter Letzt stehen mit dem vierten Quartal statistisch sehr gute Anlagemonate vor der Tür. Es spricht also vieles für weiter steigende Kurse. Doch wo lauern die Risiken?
Neben den altbekannten geopolitischen Problemen sind die Gefahrenherde primär in den USA zu suchen. Zusätzlich zum sich bereits seit einigen Monaten abschwächenden Arbeitsmarkt gehen die Ökonomen auch von einem deutlich nachlassenden Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalen aus. Es grassiert die Sorge, dass die US-Notenbank mit dem Beginn der Zinsdrosselung zu lange zugewartet hat. Weiter stehen im November die Präsidentschaftswahlen an, deren Ausgang wie gewohnt alles andere als berechenbar ist. Weiter werden auch die zukünftigen Zinsentscheide der japanischen Zentralbank (Bank of Japan) im Fokus stehen. Eine weitere Zinserhöhung scheint jedoch bis mindestens Ende Jahr vom Tisch, was ein Wiederaufflammen der Carry-Trade-Krise aktuell eher unwahrscheinlich macht.
Wir behalten in unseren verwalteten Portfolios das leichte Aktienübergewicht bei. Im US-Aktienmarkt bleiben wir weiterhin klar untergewichtet und geben den europäischen sowie den defensiven Schweizer Aktien den Vorzug.
Im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere haben wir im letzten Quartal das Untergewicht in den Fremdwährungsobligationen leicht reduziert. Im Gegenzug haben wir Gewinne bei den versicherungsbasierten Anleihen (Cat Bonds) mitgenommen. Entsprechend hat sich unsere durchschnittliche Restlaufzeit bei den festverzinslichen Anlagen leicht erhöht, was sich bei weiter sinkenden Zinsen positiv auf die Anlagerendite auswirken wird.
Trotz Rekordständen halten wir nach wie vor am Goldanteil in unseren Kundendepots fest. Als Schutz vor geopolitischen Krisen und dem schwächelnden US-Dollar hat Gold unserer Meinung nach noch lange nicht ausgedient.
Abb. 2: Wertveränderungen 01.01.2024 - 30.09.2024
Christoph Stuber, CIO
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