Zinsveränderungen und ihre Folgen
06.10.2024
Lesedauer: 2:07
Zinsveränderungen und ihre Folgen
Die jüngste Kombination von steigenden Zinsen in Japan, schwachen Arbeitsmarktdaten in den USA und zunehmenden geopolitischen Spannungen hat in den letzten Monaten zu erheblichen Schwankungen an den globalen Finanzmärkten geführt. Die Aufwertung des Yen und die gleichzeitige Unsicherheit über die weitere Entwicklung des US-Dollars lösten Panikverkäufe bei den sogenannten Carry Trades aus und verursachten einen Einbruch des japanischen Aktienmarktes um über 20 %.
Carry Trades sind keine neue Spekulationsstrategie und spielen seit Jahrzehnten eine grosse Rolle an den Finanzmärkten. Allgemein versteht man unter Carry Trades die Kreditaufnahme in Währungen mit niedrigen Zinsen und die Anlage des Kapitals in Währungen mit höheren Zinsen. Sie tauchen seit den 1990er Jahren aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten in verschiedenen Ländern vermehrt auf. Währungspaare wie US-Dollar/Yen oder Australischer Dollar/Yen galten jahrzehntelang als besonders geeignet für solche Transaktionen. Kurz vor der Jahrtausendwende senkte die japanische Zentralbank den Leitzins auf 0 %, um die heimische Wirtschaft nach Jahren der Stagnation wieder anzukurbeln. Dies führte dazu, dass Investoren Kredite in Yen aufgenommen haben, um die Gelder in den höher verzinsten US-Dollar zu investieren. In den vergangenen Jahren wurde diese Entwicklung durch die Kombination aus der Abwertung des Yen und den steigenden Zinssätzen in den USA zusätzlich begünstigt.
Im August erhöhte die japanische Zentralbank überraschend den Leitzins auf 0,25 % und deutete an, dass weitere Erhöhungen folgen könnten. Dies führte zu heftigen Bewegungen an den Devisenmärkten, wobei sich der Yen sich innerhalb weniger Tage gegenüber dem US-Dollar um fast 10 % aufwertete.
Abb. 3: Entwicklung vom Wechselkurs des Yen in US-Dollar seit Anfang 2024
Eine Kombination aus schwachen Arbeitsmarktdaten der USA, die als Indiz für potenzielle Zinssenkungen angesehen wurden, und der unerwarteten Zinserhöhung in Japan führte zu Verunsicherungen unter Investoren mit Carry Trades im erwähnten Währungspaar. Das grosse Volumen dieser innerhalb von zwei Tagen aufgelösten Carry Trades führte zu einem kurzzeitigen, aber drastischen Wertzerfall an der japanischen Börse. Die Ankündigung der japanischen Währungshüter kurz nach dem Kurseinbruch, die Zinsen angesichts der Instabilität an den Märkten vorerst nicht weiter zu erhöhen, hat für eine spürbare Entspannung an den Märkten gesorgt. Dies wurde im September nochmals bestärkt durch die Entscheidung der japanischen Zentralbank, den Leitzins vorerst nicht anzuheben.
Ferner erscheint uns die Abschwächung des US-Arbeitsmarktes als weniger gravierend. Zwar stieg die Arbeitslosenquote über die vergangenen Monate leicht an, doch bleibt die US-Wirtschaft weiterhin robust. Die Daten zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal übertrafen deutlich die Erwartungen. Darüber hinaus signalisierte die US-Notenbank in ihrem Treffen Ende Juli, dass sie bereit sei, mit dem Zinssenkungszyklus zu beginnen. Während viele Analysten vom letzten Treffen der US-Notenbank Mitte September einen Zinsschritt erwarteten, hat die US-Notenbank aufgrund der rückläufigen Inflation eine Zinssenkung von zwei Zinsschritten angekündigt. Dies entkräftet die Angst vor anhaltend hohen Zinsen massgeblich und reduziert somit das Rezessionsrisiko. Die durch die Zinsentscheidungen herbeigeführte Konvergenz der Zinsniveaus in Japan und den USA in Verbindung mit der Aufwertung des Yen erschwert die Erzielung von Gewinnen aus Carry Trades im dem genannten Währungspaar.
Die jüngsten Zinserhöhungen haben die Attraktivität von Carry Trades erheblich beeinträchtigt und zu kurzfristigen Unsicherheiten an den Märkten geführt. Die Märkte haben sich jedoch merklich stabilisiert, und die wirtschaftlichen Kennzahlen zeichnen ein weniger düsteres Bild. Wir erwarten daher keine grössere Korrektur an den Märkten. Unsere Positionierung bleibt dennoch defensiv orientiert, mit einem starken Übergewicht im heimischen Aktienmarkt.
